Zum Nachweis des Inhalts eines verlorengegangenen Pakets

BGH, Urteil vom 13.09.2012 – I ZR 14/11

Der Grundsatz, dass anhand von Lieferscheinen oder Handelsrechnungen im Rahmen freier richterlicher Beweiswürdigung gemäß § 286 Abs. 1 ZPO der Inhalt eines verlorengegangenen Pakets nachgewiesen werden kann, ist bei einem Streit über den Inhalt eines entwendeten, vom Versender selbst beladenen und verschlossenen Transportcontainers nicht ohne weiteres anwendbar.(Rn.19)

(Leitsatz des Gerichts)

Tenor

Auf die Revision der Streithelferin zu 1 der Beklagten wird das Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg – 12. Zivilsenat – vom 15. Dezember 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand
1

Die Klägerin ist Transportversicherer der G. B.V. mit Sitz in Amsterdam und der in Nürnberg ansässigen G. GmbH (im Weiteren: Versicherungsnehmerin). Sie nimmt die Beklagte aus übergegangenem und abgetretenem Recht wegen des Verlusts von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.

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Die Versicherungsnehmerin beauftragte die Beklagte im Juni 2007 mit der Beförderung eines Containers von Istanbul/Türkei nach Nürnberg. Der Container enthielt nach dem Vortrag der Klägerin Fernsehgeräte. Mit der Durchführung des Transports beauftragte die Beklagte ihre Streithelferin zu 1, die ihrerseits die ebenfalls auf der Seite der Beklagten beigetretene Streithelferin zu 2 beauftragte. Von Istanbul bis Wien erfolgte der Transport auf der Schiene. Nach der Ankunft in Wien übernahm ein Fahrer der Streithelferinnen den Container zum Weitertransport nach Nürnberg zur Versicherungsnehmerin. Dort kam der Container nicht an, weil er am 29. Juni 2007 auf einem Parkplatz in Wien von unbekannten Tätern entwendet wurde.

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Die Klägerin hat behauptet, die in dem Container transportierten Fernsehgeräte hätten einen Wert von 145.778,20 € gehabt. Sie habe an die G. B.V., die die Geräte zum Zeitpunkt des Verlusts bereits gekauft gehabt habe, unter Berücksichtigung einer im Versicherungsvertrag vereinbarten Selbstbeteiligung von 1.500 € eine Entschädigung in Höhe von 144.278,20 € gezahlt. Den von ihr nicht erstatteten Betrag von 1.500 € könne sie aus abgetretenem Recht der G. B.V. geltend machen.

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Die Klägerin hat die Beklagte daher auf Zahlung von 145.778,20 € nebst Zinsen in Anspruch genommen.

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Die Beklagte und ihre Streithelferinnen haben die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten und darüber hinaus insbesondere in Abrede gestellt, dass das Gut in dem behaupteten Umfang während ihrer Obhutszeit abhandengekommen ist.

6

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung ist erfolglos geblieben.

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Mit der vom Senat beschränkt auf die vom Berufungsgericht festgestellte Höhe des Schadens zugelassenen Revision verfolgt die Streithelferin zu 1 ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.


Entscheidungsgründe

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I. Das Berufungsgericht hat den geltend gemachten Schadensersatzanspruch gemäß § 452 Satz 1, § 452a Satz 1 HGB, Art. 17 Abs. 1, Art. 29 Abs. 1, Art. 13 Abs. 1 Satz 2 CMR in Verbindung mit § 398 BGB, § 67 Abs. 1 VVG aF für begründet erachtet. Zur Schadenshöhe, um die es in der Revisionsinstanz allein noch geht, hat es ausgeführt:

9

Der Schadensersatz verlangende Kläger müsse grundsätzlich darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass der Verlust des Transportguts während der Obhut des Beklagten eingetreten und wie hoch der Schaden sei. Im Streitfall spreche ein Anscheinsbeweis für die Richtigkeit des von der Klägerin zum Inhalt des entwendeten Containers gehaltenen Vortrags, da das Frachtgut dem Frachtführer unstreitig in einem verschlossenen Transportcontainer übergeben worden und dieser – ebenfalls unstreitig – in der Obhut des Frachtführers verlorengegangen sei. Dieser Anschein werde durch die vorgelegten Urkunden verstärkt. Der Beklagten sei es nicht gelungen, den zugunsten der Klägerin sprechenden Anscheinsbeweis zu erschüttern. Einer zusätzlichen Beweiserhebung durch Vernehmung der von den Parteien benannten Zeugen bedürfe es unter diesen Umständen nicht.

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Der zu ersetzende Schaden bestehe in Höhe der Klageforderung. Nach Art. 23 Abs. 2 CMR sei der Marktpreis zu ersetzen, der sich aus der von der Klägerin vorgelegten Handelsrechnung ergebe und 193.580 US-Dollar (umgerechnet 145.778,20 €) betrage. Bei einer Berechnung des Schadens nach § 429 HGB ergebe sich ebenfalls ein Schadensersatzanspruch in der zuerkannten Höhe. Auf die Haftungshöchstgrenzen des Art. 23 Abs. 3 CMR und des § 431 HGB könne sich die Beklagte nicht berufen, da ihr ein qualifiziertes Verschulden im Sinne von Art. 29 Abs. 1 CMR in Verbindung mit § 435 HGB anzulasten sei.

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II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

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1. Die Rügen der Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, aufgrund eines von der Beklagten nicht erschütterten Anscheinsbeweises stehe fest, dass der entwendete Container die von der Klägerin behauptete Anzahl von Fernsehgeräten enthalten habe, sind begründet.

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a) Die Klägerin macht gegen die Beklagte wegen des Verlusts von Transportgut (Fernsehgeräte) einen Schadensersatzanspruch gemäß Art. 17 Abs. 1, Art. 29 Abs. 1 CMR in Verbindung mit § 435 HGB geltend. Sie muss daher substantiiert darlegen und, da die Beklagte die Sachdarstellung der Klägerin insoweit bestritten hat, auch beweisen, dass das Gut während der Obhutszeit der Beklagten abhandengekommen und wie hoch der eingetretene Schaden ist (st. Rspr.; BGH, Urteil vom 16. November 1995 – I ZR 245/93, TranspR 1996, 72, 74 = VersR 1996, 913 zu § 407 HGB aF; Urteil vom 26. April 2007 – I ZR 31/05, TranspR 2007, 418 Rn. 13 mwN zu Art. 17 CMR; Koller, Transportrecht, 7. Aufl., Art. 17 CMR Rn. 12; MünchKomm.HGB/Jesser-Huß, 2. Aufl., Art. 18 CMR Rn. 5). Dies umfasst neben dem Beweis der Übernahme von Gütern als solchen auch den Nachweis ihrer Identität, ihrer Art, ihrer Menge und ihres Zustands (BGH, TranspR 2007, 418 Rn. 13; Koller aaO Art. 17 CMR Rn. 12). Die Frage, ob der Schadensersatz verlangende Kläger den ihm obliegenden Beweis geführt hat, ist grundsätzlich nach den allgemeinen Regeln des Zivilprozessrechts, insbesondere nach § 286 ZPO, zu beurteilen (BGH, TranspR 2007, 418 Rn. 13; Helm, Frachtrecht II, CMR, Art. 17 Rn. 46). Die Bildung der richterlichen Überzeugung davon, dass sich in dem entwendeten Container bei Übernahme durch die Beklagte Fernsehgeräte in der von der Klägerin behaupteten Anzahl befanden, setzt einen Grad an Gewissheit voraus, der Zweifeln Schweigen gebietet (vgl. BGH, Urteil vom 4. November 2003 – VI ZR 28/03, NJW 2004, 777, 778 = VersR 2004, 118; BGH, TranspR 2007, 418 Rn. 13).

14

b) Danach steht der Klägerin im Streitfall der Anscheinsbeweis nicht zur Seite.

15

aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, es gehe im vorliegenden Fall um die Frage, ob sich die von der Klägerin behaupteten Güter in dem abhandengekommenen Transportcontainer befunden hätten. Bei einer solchen Fallgestaltung greife zugunsten der Klägerin ein Anscheinsbeweis ein, da das Transportgut dem Frachtführer unstreitig in einem verschlossenen Behältnis (dem Transportcontainer) übergeben worden und dieser unstreitig in der Obhut des Frachtführers verlorengegangen sei. Die Rechtsprechung wende den Anscheinsbeweis zwar dann nicht an, wenn darüber gestritten werde, ob nur ein Teil der Lieferung in die Obhut des Frachtführers gelangt sei. Eine solche Fallkonstellation sei im Streitfall jedoch nicht gegeben, weil die Beklagte den gesamten Container erhalten habe und es daher darum gehe, welche Waren sich in diesem der Beklagten zum Transport übergebenen verschlossenen Behältnis befunden hätten. Die vorgelegten Urkunden rechtfertigten im vorliegenden Fall auch einen Anscheinsbeweis zugunsten der Klägerin. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

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bb) Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, dass die Klägerin sich im Streitfall auf die Grundsätze des Anscheinsbeweises stützen kann. Soweit es sich dabei auf die Senatsrechtsprechung berufen hat, hat es unberücksichtigt gelassen, dass der Senat von seiner früher vertretenen Auffassung mittlerweile abgerückt ist. Nach dieser – nicht mehr aktuellen – Rechtsprechung konnte der Anscheinsbeweis in Fallgestaltungen angewendet werden, in denen das zu befördernde Gut dem Frachtführer in einem verschlossenen Behältnis (Karton) übergeben worden und in dessen Obhut verlorengegangen war (vgl. nur BGH, Urteil vom 24. Oktober 2002 – I ZR 104/00, TranspR 2003, 156, 159; Urteil vom 20. Juli 2006 – I ZR 9/05, TranspR 2006, 394, 395 = VersR 2007, 564). Nach der neueren Senatsrechtsprechung unterliegt die Würdigung der Umstände, die für Umfang und Wert einer verlorengegangenen Sendung sprechen, stets der freien richterlichen Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO (BGH, TranspR 2007, 418 Rn. 13; BGH, Urteil vom 2. April 2009 – I ZR 60/06, TranspR 2009, 262 Rn. 24; Urteil vom 29. Oktober 2009 – I ZR 191/07, TranspR 2010, 200 Rn. 31). Der Tatrichter hat sich die Überzeugung von der Richtigkeit des behaupteten Umfangs einer Sendung daher anhand der gesamten Umstände des Einzelfalls, insbesondere aufgrund von vorgelegten Lieferscheinen und dazu korrespondierenden Rechnungen, zu bilden. Dafür ist es grundsätzlich nicht erforderlich, dass sowohl Lieferscheine als auch korrespondierende Rechnungen zum Nachweis des Sendungsumfangs vorgelegt werden. Der Tatrichter kann sich die Überzeugung von der Richtigkeit des behaupteten Inhalts einer Sendung auch dann bilden, wenn nur eines der beiden Dokumente vorgelegt wird und der beklagte Frachtführer dagegen keine substantiierten Einwände erhebt (BGH, Urteil vom 20. September 2007 – I ZR 44/05, TranspR 2008, 163 Rn. 34 f.; Versäumnisurteil vom 22. Oktober 2009 – I ZR 119/07, TranspR 2010, 73 Rn. 20; BGH, TranspR 2010, 200 Rn. 31).

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cc) Dem angefochtenen Urteil kann nicht entnommen werden, dass das Berufungsgericht auch auf der Grundlage des § 286 ZPO davon überzeugt gewesen wäre, dass der entwendete Transportcontainer den von der Klägerin behaupteten Inhalt hatte. Die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen (CMR-Frachtbrief, Handelsrechnung, Lieferschein und Fahrzeugcheckliste) rechtfertigen eine solche Annahme nicht ohne weiteres. Für vom Anspruchsteller behauptete Paketinhalte hat der Senat zwar entschieden, dass sich der Tatrichter die Überzeugung von der Richtigkeit anhand eines Lieferscheins oder einer dazu korrespondierenden Rechnung bilden kann, wenn der beklagte Frachtführer dagegen keine substantiierten Einwände vorbringt. Der Tatrichter muss aber prüfen, ob die zum Nachweis eines behaupteten Schadens vorgelegten Dokumente in sich schlüssig und geeignet sind, den Vortrag des Anspruchstellers zum entstandenen Schaden zu belegen (BGH, TranspR 2010, 73 Rn. 20).

18

Das Berufungsgericht hat lediglich geprüft, ob die vorgelegten Unterlagen im Streitfall die Anwendung eines Anscheinsbeweises zugunsten der Klägerin rechtfertigen. Es hat dies bejaht, weil im CMR-Frachtbrief, im Lieferschein vom 21. Juni 2007, in der Handelsrechnung vom 22. Juni 2007 und in der Fahrzeugcheckliste an verschiedenen Stellen – jeweils übereinstimmend – die Containernummer, die Anzahl der im Container befindlichen Packstücke und der Verkaufspreis angegeben seien. Es hat zudem darauf abgestellt, dass die Vertragsparteien “des Transportvertrags” (gemeint ist ersichtlich: des Kaufvertrags) jeweils Kaufleute seien und deshalb davon auszugehen sei, dass die Verkäuferin die in den vorgelegten Urkunden bezeichneten Waren auch tatsächlich zum Versand gebracht habe. Diesen Ausführungen kann nicht mit der gebotenen Deutlichkeit entnommen werden, dass das Berufungsgericht im Rahmen von § 286 Abs. 1 ZPO geprüft hat, ob die vorgelegten Dokumente geeignet sind, den Vortrag der Klägerin zum entstandenen Schaden zu belegen.

19

dd) Das Berufungsgericht hat darüber hinaus nicht beachtet, dass die zum Inhalt von verlorengegangenen Paketen aufgestellten Grundsätze auf die im Streitfall zu beurteilende Fallgestaltung nicht ohne weiteres übertragbar sind. Es hat zugunsten der Beklagten unterstellt, dass sie einen bereits vorgeladenen und anschließend verschlossenen und verplombten Container zum Transport übernommen hat. Mit seiner Unterschrift auf dem CMR-Frachtbrief (Anlage K 1) konnte der den Transportcontainer übernehmende Lkw-Fahrer mithin nur bestätigen, bei der türkischen Absenderin einen Container mit der Nummer PSSU9823464 übernommen zu haben (vgl. BGH, TranspR 2003, 156, 158). Die Revision weist mit Recht darauf hin, dass das Verpacken von Waren in Kartons nicht gleichgesetzt werden kann mit dem Beladen eines Lkw, einer Wechselbrücke oder eines Containers. Bei einem Container handelt es sich nicht um ein vom kaufmännischen Absender zum Versand gebrachtes verschlossenes Behältnis (Karton) (so BGH, TranspR 2003, 156, 159), sondern um ein Transportmittel. Bei der Versendung von Paketen ist eine in Täuschungsabsicht vorgenommene Fehlbestückung durch den Verkäufer oder seine Bediensteten im Allgemeinen eher unwahrscheinlich, weil nicht vorausgesehen werden kann, ob gerade dasjenige Paket verlorengeht, das nur unzureichend bestückt wurde. Bei einem vom Versender selbst vorgeladenen und verplombten Transportcontainer, dessen Inhalt vom Frachtführer bei der Übernahme nicht überprüft werden kann, besteht dagegen die Möglichkeit, gerade diesen Container gezielt entwenden zu lassen. Der Anreiz für eine Fehlbeladung eines vom Versender selbst verschlossenen und verplombten Transportcontainers ist daher deutlich größer als bei einem Paket.

20

Das Berufungsgericht wird daher im wiedereröffneten Berufungsverfahren – gegebenenfalls nach Vernehmung weiterer Zeugen – klären müssen, ob nach diesen Grundsätzen zur Überzeugung des Gerichts festgestellt werden kann, dass der entwendete Transportcontainer den von der Klägerin behaupteten Inhalt hatte. Dabei wird das Berufungsgericht auch den Vortrag der Streithelferin zu 1 zu berücksichtigen haben, in drei Fällen hätten von derselben Absenderin beladene und verplombte Container bei der Ankunft am Abladeort weniger Frachtstücke enthalten als in den dazugehörigen Frachtpapieren ausgewiesen gewesen seien.

21

3. Die Angriffe der Revision gegen die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Höhe des zu ersetzenden Schadens greifen nicht durch.

22

a) Die Rüge, das Berufungsgericht hätte bei der Schadensberechnung nach Art. 23 Abs. 2 CMR auch die Haftungshöchstgrenze gemäß Art. 23 Abs. 3 CMR berücksichtigen müssen (vgl. BGH, Urteil vom 30. September 2010 – I ZR 39/09, BGHZ 187, 141 Rn. 41 ff. = TranspR 2010, 437), hat schon deshalb keinen Erfolg, weil das Berufungsgericht den Schaden nicht nur auf der Grundlage der CMR-Bestimmungen, sondern – rechtsfehlerfrei (dazu nachfolgend) – auch nach § 429 HGB berechnet hat und dabei zum identischen Ergebnis gelangt ist.

23

b) Ohne Erfolg bleibt auch die weitere Rüge der Revision, soweit das Berufungsgericht die Schadensberechnung auf die Vermutung des § 429 Abs. 3 Satz 2 HGB gestützt habe, habe es verfahrensfehlerhaft angenommen, der von der Klägerin vorgelegten Handelsrechnung (Anlage K 2) habe ein Kaufgeschäft zwischen der türkischen Produzentin der Fernsehgeräte und der niederländischen G. B.V. zugrunde gelegen. Die Beklagte habe dies bereits in erster Instanz bestritten und daher in ihrer Berufungsbegründung auch gerügt, dass das Landgericht ihr Bestreiten zu Unrecht nicht berücksichtigt habe. Gleichwohl sei das Berufungsgericht von einem Kaufvertrag ausgegangen. Damit habe es seinem Urteil zu Lasten der Beklagten eine streitige Tatsache zugrunde gelegt.

24

Entgegen der Ansicht der Revision liegt der gerügte Verfahrensverstoß des Berufungsgerichts nicht vor. Das Berufungsgericht ist angesichts der vorgelegten Handelsrechnung ersichtlich davon ausgegangen, dass die Beklagte das Zustandekommen eines Kaufvertrags über das entwendete Gut nicht hinreichend substantiiert bestritten hat. Es konnte daher als unstreitig annehmen, dass das Gut schon vor der Entwendung an die G. B.V. veräußert worden war. Ohne nähere konkrete Anhaltspunkte musste das Berufungsgericht nicht davon ausgehen, dass es nicht zum Abschluss des von der Klägerin dargelegten Kaufvertrags gekommen war.

25

Die von der Revision gerügte rechtsfehlerhafte Auslegung des § 429 Abs. 3 Satz 2 HGB liegt ebenfalls nicht vor, weil das verlorengegangene Gut bereits vor der Übernahme zur Beförderung veräußert wurde, und zwar von der rechtlich selbständigen türkischen Produzentin an die ebenfalls rechtlich selbständige G. B.V.

26

III. Danach ist das Berufungsurteil auf die Revision der Streithelferin zu 1 der Beklagten aufzuheben. Die Sache ist, da weitere tatrichterliche Feststellungen erforderlich sind, an das Berufungsgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

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